Mentale Gesundheit beginnt nicht erst in der Krise, sondern im Alltag!
Für Olga Kaida hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht nur ihren Lebensmittelpunkt, sondern auch ihre Mission verändert. Hier erfahrt ihr mehr über ihren Weg und was er mit ihr gemacht hat.
Dein Weg hat dich von der Ukraine nach Deutschland und durch ganz unterschiedliche Arbeitsfelder geführt. Wie haben die Malteser Werke dich „gefunden“?
Ich arbeite inzwischen im zweiten Jahr im Projekt „Mentale Gesundheit“ bei den Malteser Werken – und diese Aufgabe erfüllt mich zutiefst. Ich habe das Gefühl, wirklich am richtigen Platz zu sein. Hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass ich heute in Deutschland im Bereich psychosoziale Gesundheit tätig bin, hätte ich es kaum geglaubt. Damals lebte ich in Irpin, arbeitete als Fernsehjournalistin und hatte keinerlei Pläne, mein Land zu verlassen.
Doch im Februar 2022 veränderte sich mein Leben schlagartig mit dem Beginn des großangelegten russischen Angriffskriegs. Ich musste mein Zuhause gemeinsam mit meinem Mann und unserem kleinen Sohn verlassen. Nach einer Zwischenstation in der Westukraine bin ich schließlich mit meinem Sohn nach Hamburg geflüchtet – zu meiner jüngeren Schwester, die hier lebte.
Zunächst dachte ich, wir bleiben ein bis zwei Wochen. Doch daraus wurden Jahre. Ich hätte mir nie vorstellen können, die Ukraine zu verlassen – und dennoch habe ich hier in Deutschland nicht nur Schutz, sondern auch unglaublich viel Unterstützung erfahren. Das hat mich geprägt.
Beruflich habe ich mich dann neu ausgerichtet: Ich begann ein Psychologiestudium (Fernstudium) und eine Weiterbildung in Gestalttherapie. Ich wusste: Ich möchte Menschen, insbesondere ukrainischen Geflüchteten, im Bereich der psychischen Gesundheit begleiten.
Durch eine Facebook-Gruppe entdeckte ich zufällig eine Stellenausschreibung für das Projekt „Mentale Gesundheit“. Als ich die Anzeige las, hatte ich sofort das Gefühl: Das bin ich. Ich war gerade im Integrationskurs auf B2-Niveau, mein Studium war fast abgeschlossen – und ich wurde eingestellt.
Was ich im Projekt fand, übertraf meine Erwartungen: ein unterstützendes Team, Raum für Kreativität und eine Arbeit, die Sinn macht. Meine Kolleg*innen sind für mich eine echte Kraftquelle – mit Inspiration, Rückhalt und menschlicher Wärme. Diese Erfahrung ist für mein eigenes mentales Wohlbefinden heilsam.
Auf deinem Ausbildungsweg hast du sehr unterschiedliche Qualifikationen erworben. Wie kommen sie deiner Arbeit zugute?
Ich habe über 15 Jahre als Fernsehjournalistin in der Ukraine gearbeitet – von der Reportage bis zur Redaktionsleitung. Diese Erfahrung hilft mir heute in der Kommunikation, im Zuhören, im Erzählen von Geschichten und im Aufbau von Vertrauen.
Dazu kommt meine psychologische Ausbildung mit dem Schwerpunkt Gestalttherapie. Diese Kombination aus analytischem Denken, Empathie und Struktur erlaubt es mir, professionell und gleichzeitig menschlich nah mit Menschen zu arbeiten.
Doch was mich vielleicht am meisten befähigt, ist mein eigener Weg als Geflüchtete. Ich verstehe die Sorgen, Ängste und Belastungen unserer Zielgruppe – besonders von Müttern mit kleinen Kindern – auf einer sehr persönlichen Ebene. Und als Kollegin, die eng mit Mitarbeitenden in Unterkünften arbeitet, kenne ich auch ihre Herausforderungen gut. Das ermöglicht mir, Brücken zu bauen und passgenaue Angebote zu entwickeln.
Was hilft dir, mit Stress und Angst angesichts der schwierigen Situation in der Ukraine und weltweit umzugehen? Was rätst du anderen?
Mir hilft es, im Moment zu bleiben und mich auf das zu konzentrieren, was ich selbst beeinflussen kann – wie Menschen zu begleiten, ihnen zuzuhören, ihnen kleine Impulse zu geben. Mein Sohn, meine Familie, Bewegung in der Natur und kleine bewusste Pausen geben mir Kraft.
Ich versuche, meine Gefühle ernst zu nehmen, auch schwierige wie Angst oder Ohnmacht – und sie nicht einfach zu verdrängen. Anderen rate ich: Sprecht mit Menschen, die euch guttun. Sucht den Austausch, auch wenn es schwerfällt. Und erlaubt euch selbst, mal langsamer zu werden. Gerade in unsicheren Zeiten brauchen wir viel Mitgefühl – auch mit uns selbst.
Kannst du von Beispielen guter Praxis aus deiner Arbeit berichten?
Ein Herzensprojekt ist „Erzähl doch mal von…“, eine digitale Peer-to-Peer-Reihe für ukrainische Frauen und Mütter, bei der ich regelmäßig als Referentin dabei bin. Es sind stärkende Räume für Austausch und Wissen.
In den Unterkünften entstand das Gartenprojekt „FlowerPower“, um alleinstehende Menschen durch Natur und Erdung zu stärken – ein Ort zum Durchatmen. Für Kinder gibt es „Nuki“, unseren Teddybären mit rotem Briefkasten – sie schreiben ihm Briefe und Zeichnungen, und erhalten psychologisch begleitete Antworten. Das schafft spielerisch emotionale Zugänge.
Ganz neu ist unser Minecraft-Projekt mit psychologischer Begleitung, in dem Jugendliche unter achtsamer Begleitung eigene sichere Räume und Welten gestalten können – digital, kreativ, geschützt.
Und ich habe meinen eigenen Podcast „3 Minuten für Deine mentale Gesundheit“ gestartet – eine Verbindung aus journalistischer und psychologischer Arbeit. Ich nehme ihn auf Deutsch auf – mit Akzent und Fehlern, aber mit Herz. Er soll Mut machen, Impulse geben und Lust wecken, sich mit sich selbst und der Sprache auseinanderzusetzen. Und das sind noch nicht alle Projekte!
Manchmal staune ich selbst, wie viele Projekte wir als Team bereits auf die Beine gestellt haben! Es zeigt mir, dass Produktivität entsteht, wo ein sicherer Raum, Offenheit für Ideen und echte Leidenschaft spürbar sind.
Wie möchtest du deine Arbeit künftig weiterentwickeln?
Ich möchte mich weiter im Bereich traumasensible Arbeit spezialisieren und neue Formate entwickeln – präventiv, stärkend, niedrigschwellig. Besonders für Frauen, Familien und Jugendliche. Denn mentale Gesundheit beginnt nicht erst in der Krise, sondern im Alltag.
Auch meine Rolle als Koordinatorin möchte ich weiterentwickeln: den Austausch zwischen Zielgruppen und Kolleg*innen fördern, Räume für Reflexion und Selbstfürsorge schaffen, das, was intern wächst, nach außen sichtbar machen.
Und: Ich möchte kreativ bleiben. Podcasts, Workshops, kleine Impulse – alles, was Menschen hilft, sich selbst besser zu verstehen, soll Teil meiner Arbeit bleiben. Denn gute psychosoziale Begleitung braucht Wissen, aber auch Herz, Präsenz und echte Menschlichkeit.
Wenn wir Dinge ändern wollen, dann müssen wir sie thematisieren
Nikan Tiouri wirkt seit fast 10 Jahren an verschiedenen Stellen bei den Maltesern. Heute ist sie Beauftragte für Diskriminierungsschutz. Inwiefern das alles miteinander zu tun hat, erfahrt Ihr im Gespräch mit ihr.
Wie bist Du an die Stelle bei den Malteser Werken gelangt, wo Du jetzt bist?
Ich bin seit Oktober 2015 bei den Malteser Werken. Ich habe in der Abteilung Jugend und Soziales als Sozialbetreuerin für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Berlin angefangen. Später arbeitete ich In der Jugendhilfeeinrichtung Ancora Nova, bevor ich 2020 in die Abteilung Migration wechselte. Dort leitete ich die Kompetenzwerkstatt, ein Berufsorientierungsprogramm, in dem wir mit jungen Geflüchteten durch Workshops und Mentorings z.B. erarbeitet haben, wie man Bewerbungen schreibt, welcher Job überhaupt zu ihnen passt und welche Kompetenzen sie haben. Es ging also auch viel um Empowerment und Selbstwirksamkeit.
Seit Ende 2023 habe ich als Schulungsreferentin für die Abteilung Migration Mitarbeitende und Führungskräfte zu den Themen Antidiskriminierung und Diversität sensibilisiert, neben der Wissensvermittlung die Frage steht, wie wir als Malteser Werke mit Diskriminierung am Arbeitsplatz umgehen. Dadurch ist dann die Idee entstanden, das Fachteam Prävention & Intervention, wo es um sexualisierte Gewalt, Gewaltschutz, Kindes und Jugendwohlgefährdung geht, um das Thema Diskriminierungsschutz zu erweitern. Deshalb bin ich seit 2025 Beauftragte für Diskriminierungsschutz.
Der rote Faden in diesen fast 10 Jahren ist für mich die Frage, was es bedeutet, Teil dieser Gesellschaft zu sein und eben nicht anders behandelt zu werden. Das beschäftigt mich auf fachlicher und persönlicher Ebene sehr und ich bin froh, dass sich die Malteser Werke diesem Thema stellen!
Was motiviert Dich, immer wieder mit den verschiedenen Facetten von Diskriminierung umzugehen?
Was ich in Schulungen immer sage, ist: Diskriminierung ist kein Naturgesetz! Es gibt keine Formel, die uns vorschreibt, dass wir manche Menschen so und so behandeln sollten, sondern es ist menschengemacht, ein Ergebnis historischer Gegebenheiten, die sich strukturell verankert haben. Und wenn es menschengemacht ist, dann können wir es auch rückgängig machen und dann können wir alle dazu beitragen. Dafür müssen wir erst einmal erkennen, was Diskriminierung überhaupt ist, um dann dem entgegenzuwirken. Das ist meine Motivation: Ich denke mir, es ist veränderbar, also lasst es uns tun!
Welchen Zusammenhang siehst Du zwischen Deiner Arbeit und dem Projekt Mentale Gesundheit?
Einen zentralen Zusammenhang haben wir bereits in den Workshops zum Thema „Racial Stress“ herausgearbeitet, wo es um die Auswirkungen von Rassismus auf die Mentale Gesundheit ging. Es gibt inzwischen einige Studien zu dem Stress, den Menschen erleben, die Rassismus am eigenen Leib erfahren, wobei es nicht (nur) um körperliche Angriffe geht, sondern auch Dinge wie die Ablehnung einer Bewerbung, weil jemand zum Beispiel ein Kopftuch trägt oder wenn ich sehe, dass andere gar nicht so viele Probleme bei der Wohnungssuche haben wie ich mit meinem „nicht deutsch klingenden“ Namen. Das sind strukturelle Dinge, die auch Auswirkungen haben auf den Menschen und die dazu führen, dass ich nicht als Teil der Gesellschaft gesehen werde, obwohl ich mich selbst so fühle. Das Gefühl, nicht so teilhaben zu können, wie ich es gerne möchte und von bestimmten Grundrechten ausgeschlossen zu sein wie dem Zugang zu Wohnraum.
Und wenn mir das verwehrt wird bzw. wenn es für mich viel schwieriger ist, dann hat das natürlich Auswirkungen auf meine Psyche: Ich bin dadurch gestresst, es kann mich frustrieren, kann mich traurig machen, kann mich auch wütend machen. Das bedeutet auch: Rassismus oder jede andere Diskriminierungsform beginnt nicht erst mit verbaler und körperlicher Gewalt, sondern auch schon viel früher, etwa wie wir Menschen wahrnehmen, was wir ihnen zuschreiben, wie wir über sie sprechen, auch wenn wir es vielleicht als Witz tarnen oder gar nicht so böse meinen. Ob wir unser zum Beispiel Gesagtes „nicht böse meinen“, spielt für die betroffene Person in erster Linie auch gar keine große Rolle, denn die Wirkung ist ja trotzdem da.
Ich möchte auch nochmal deutlich machen: Rassismus ist eine Diskriminierungsform, aber es gibt viele weitere wie z. B. Klassismus, Sexismus, Ableismus oder Queerfeindlichkeit. Und jede Diskriminierungsform hat mit bestimmten Vorurteilen, Privilegien und Macht zu tun.
Wo gib es aus Deiner Sicht Handlungsbedarf?
Es ist wichtig, dass wir gesamtgesellschaftlich anerkennen, dass Diskriminierung überall stattfindet und, wie gesagt, schon viel früher beginnt als bei einer böswilligen Absicht. Es ist nicht immer „böse gemeint“, was aber nicht bedeutet, dass es keine negativen Auswirkungen hat. Ich denke, wir müssen mehr Handlungssicherheit bekommen, indem wir lernen, Diskriminierung zu erkennen und uns auch nicht davor scheuen, sie anzusprechen. Der Soziologe Aladin El-Mafaalani hat einmal in seinem Buch „Wozu Rassismus?“ gesagt: Wenn wir Dinge ändern wollen, dann müssen wir sie thematisieren.
Dieses Jahr werden wir beispielsweise im Impulsworkshop „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“ einen rassismuskritischen Blick auf unsere Unterstützungsarbeit werfen, indem wir unter anderem über die Zusammenhänge von Paternalismus und Rassismus sprechen.
Es hat sich gesamtgesellschaftlich in den letzten Jahren schon viel verändert, beispielsweise wenn es um die Thematisierung geht, aber auch in Richtung Intervention. Es gibt in jedem Bundesland und in vielen Kommunen zahlreiche Beratungs- und auch Meldestellen, die Betroffenen von Diskriminierung Unterstützung anbieten. Auf Bundesebene ist da zum Beispiel die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Und ich bin natürlich sehr froh, dass wir bei den Malteser Werken auch diese Strukturen haben, damit wir Mitarbeitenden präventiv Informationen in die Hand geben, aber auch im Falle von Diskriminierung am Arbeitsplatz intervenierend unterstützen können.
Was ist Dein größter Wunsch in Bezug auf Deine Arbeit?
Mein Wunsch oder unser Ziel als Fachteam Prävention & Intervention ist es, dass alle wissen, dass Diskriminierung bei den Maltesern nicht geduldet wird. Wir wissen aber sehr wohl, dass das passieren kann. Und unser Ziel ist es, dass alle Menschen Handlungssicherheit haben bzw. wissen, wie sie dann mit einem Vorfall oder bei einer Situation umgehen können.
Wie gesagt: Diskriminierung passiert direkt und indirekt, bewusst und unbewusst. Und der größte Teil passiert unbewusst, was nicht bedeutet, dass er nicht verletzend sein kann. Es geht darum, dass wir lernen, in uns zu gehen und uns zu reflektieren, wenn wir darauf aufmerksam gemacht werden, dass wir etwas Verletzendes und Diskriminierendes gesagt haben, anstatt über diesen „Vorwurf“ empört zu sein. Und das als Gelegenheit zum Lernen zu begreifen. Das wäre ein erster Schritt gegen die Diskursverschiebung, die immer stattfindet, wenn wir Betroffenen nicht zuhören, sondern den Fokus auf die eigene Empörung richten.
Handlungssicherheit bedeutet aber auch, dass Menschen, die z.B. Diskriminierung vermuten oder beobachten oder sich nicht ganz sicher sind, wissen, dass sie sich immer an das Fachteam wenden können wie auch bei sexualisierter Gewalt, Gewaltschutz, Kinder- und Jugendschutz.
Bei Vermutung von Diskriminierung oder konkreten Vorfällen, sowie bei Interesse zum Thema, meldet euch bei:
Nikan Tiouri
Beauftragte für Diskriminierungsschutz
Fachteam Prävention & Intervention
Mobil: 01512 5093596
Mail: nikan.tiouri@malteser.org
Mitarbeitende der Malteser Werke finden weitere Informationen zum Fachteam Prävention & Intervention im Intranet.
Mein Wunsch ist es, einen Raum zu schaffen, in dem jede Frau Kraft und Halt finden kann
Olga Skarzhevska kam als erste ins Team Mentale Gesundheit. Ihr Weg dorthin war weit und schwierig.
Erfahrt mehr über ihre Arbeit als psychologische Projektmitarbeiterin.
Du musstest selbst aus der Ukraine fliehen. Wie kamst Du zu den Maltesern?
Anfang März 2022, als Russland den umfassenden Krieg gegen die Ukraine begann, mussten meine Kinder und ich buchstäblich aus Kyjiw fliehen, um unser Leben zu retten. Kurz darauf mussten wir auch die Ukraine verlassen. Wir kamen nach Deutschland, weil uns hier Bekannte erwarteten, die uns helfen wollten. Es war eine sehr nette deutsche Familie, die uns in ihrem Haus aufnahm und uns half, den ersten Schock des Krieges zu überwinden.
Später haben wir eine Wohnung von einem Mann gemietet, der bei den Maltesern tätig war. Durch ihn erfuhr ich zum ersten Mal von dieser Organisation und dem geplanten Projekt im Bereich der Mentalen Gesundheit für ukrainische Geflüchtete. Da ich in der Ukraine als Psychologin, Psychotherapeutin und Traumatherapeutin tätig war, passten meine Qualifikationen und Erfahrungen perfekt zu den Anforderungen des Projekts. Seit August 2022 arbeite ich in einem wunderbaren Team mit professionellen Kolleginnen und Kollegen.
Trotz vielfältiger eigener Herausforderungen kümmerst du dich um die Mentale Gesundheit anderer Menschen. Wie schaffst du das? Was motiviert dich?
Die Arbeit in unserem Projekt war für mich eine enorme Unterstützung und Stütze in einer Zeit, als mein „altes Leben“ durch den Krieg zerstört wurde. Die Tatsache, dass ich schnell eine offizielle Arbeit fand und meinen Lebensunterhalt selbst verdienen konnte, gab mir die Zuversicht, dass alle Schwierigkeiten nur vorübergehend sind. Auch meine Kolleginnen und Kollegen unterstützten mich in meinen persönlichen Herausforderungen auf eine sehr mitfühlende Weise, wofür ich ihnen sehr dankbar bin.
Ich werde durch das Bewusstsein motiviert, dass ich jeden Tag etwas Bedeutungsvolles tue. Menschen zu helfen, die Traumata, Verluste und Krisen erlebt haben, gibt mir das Gefühl, dass jeder Tag Sinn macht. Das ist mein persönlicher Beitrag zu einer gesünderen Gesellschaft. Jede kleine Unterstützung kann das Leben eines Menschen zum Besseren verändern, und das gibt mir immense Kraft.
Was sind deine wichtigsten Erkenntnisse aus deiner Arbeit im Projekt Mentale Gesundheit / Ukraine-Hilfe?
Meine Arbeit in diesem Projekt hat gezeigt, wie groß der Bedarf an psychosozialer Unterstützung unter Geflüchteten ist. Besonders Frauen und Mütter mit Kindern sind häufig mit Gefühlen von Einsamkeit, emotionaler Erschöpfung und Hilflosigkeit konfrontiert.
Ich habe auch erkannt, dass selbst niedrigschwellige psychosoziale Interventionen große Wirkung haben können. Oft können bereits einfache Treffen und die Möglichkeit, offen über ihre Erfahrungen zu sprechen, den Menschen helfen, Kraft zu finden, um weiterzugehen und sich allmählich in einer neuen Umgebung zu integrieren.
Was sind deine Visionen für 2025? Und was planst du konkret?
Mein Hauptziel für 2025 ist es, weiterhin mit Frauen zu arbeiten, ihnen zu helfen, ihre psychische Gesundheit zu stärken und Ressourcen für ein gutes Leben zu finden, indem ich den Grundstein für posttraumatisches Wachstum lege.
Ich plane, der Gruppenarbeit mit Frauen noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen, weiterhin Ressourcen-Gruppen zu organisieren und das Projekt „Erzähl doch mal von…“ weiterzuentwickeln. Mein Wunsch ist es, einen Raum zu schaffen, in dem jede Frau Kraft und Halt finden kann. Ein Kreis von Frauen kann wahre Wunder bewirken.
Mehr zum Projekt "Erzähl doch mal"
Ukrainische Kinder finden Trost & Freundschaft beim Bundeslager der Malteser Jugend
"Wenn ich in den Himmel schaue, sehe ich die Augen meines Vaters - denn der Himmel hat überall dieselbe Farbe."
Insgesamt 58 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine nahmen am diesjährigen Bundeslager der Malteser Jugend teil. Ein unvergessliches Erlebnis - für alle.
Es wird zur Routine: Wenn ein Kind eine Panikattacke hat, wird es von anderen zur Gruppenleitung begleitet. Die Psychologinnen Anastasiia Lotysh und Olga Kaida vom Mentale Gesundheit / Ukraine-Hilfe der Malteser Werke sowie Very Mysak von der International Psychosocial Organisation (IPSO) führen viele Gespräche, hören zu, trösten.
Zwei bis vier sind es am Tag - viele der 54 Kinder und Jugendlichen, die aus verschiedenen Regionen der Ukraine ins Camp nach Hooksiel gekommen sind, haben Eltern und Verwandte im Krieg verloren, erzählen vom großen Bruder oder Vater an der Front, von der Flucht innerhalb des Landes, von der Angst um ihr Leben und anderen belastenden Faktoren. „Es war ein Geschenk, dass die Kinder schwach sein durften, Kinder sein durften und ihre Angst ausdrücken durften. Für viele war es das erste Mal, seit unser ganzes Land angegriffen wurde. Immer wieder wurden wir gebeten, ihre Mütter nicht anzurufen, weil sie sie beschützen wollten.“ Für sie sei es schmerzhaft gewesen zu erkennen, dass die Kinder Verantwortung für ihre Familien übernehmen, erwachsen sein müssen und nicht schwach sein dürfen, berichtet Anastasiia Lotysh.
Es habe viel gegenseitige Unterstützung gegeben. Durch die positive Gruppendynamik fühlten sich alle Kinder nach drei Tagen integriert und sicher. Die Sprachbarriere spielte zu keiner Zeit eine Rolle. Auch die angereisten Kinder kannten sich vorher nicht.
Leitlinien zum Umgang mit traumatisierten Geflüchteten
Das Team Mentale Gesundheit hat Leitlinien für den Umgang mit traumatisierten Geflüchteten in akuten Stresssituationen erarbeitet. Diese liegen hier zum Download.